Ende des mechanischen Zeitalters im Bahnhof Gottenheim
Berichte über das Ende des Dampf- und Dieselzeitalters auf der Eisenbahnstrecke Freiburg - Gottenheim - Breisach:
Film Gemütlicher Bahnübergang Gottenheim
Fotobericht vom Stellwerk Gottenheim 2015/2016
31. Jan 2019: Letzte Fahrt mit der BSB ‐ Adé besetzter Bahnhof Gottenheim
Fahrdienstleiter Klaus Melcher schließt für immer die Tür
Der 31. Januar war für Gottenheim ein historischer Tag. Um 23:50 wurde an diesem Tag der letzte dieselbetriebene Zug von Freiburg kommend auf seinem Weg nach Breisach in Gottenheim im mechanischen Stellwerk abgefertigt – von Fahrdienstleiter Klaus Melcher, der um Mitternacht auch seinen letzten Arbeitstag im Gottenheimer Stellwerk beendete. Als Melcher nach Mitternacht die Tür zum Stellwerk zuschloss, unter Beteiligung des Bürgermeisters, seiner Familie, der Kollegen von der Deutschen Bahn und vielen Freunden, endete auch die Zeit des Gottenheimer Stellwerks und des Gottenheimer Bahnhofs. Am Freitag begannen die Bauarbeiten auf dem Bahnhofsgelände, von dem heute schon kaum mehr etwas von den bisherigen Schienen und Bahnsteigen zu sehen ist.
Nach dem Umbau des Bahnhofs und der Eröffnung der elektrifizierten Strecke Ende 2019, wird der Gottenheimer Bahnhof nur noch eine Gaststätte mit historischer Vergangenheit sein. Gottenheim ist dann in der Bahnsprache nur noch ein Haltepunkt, die Weichen werden dann im elektronischen Stellwerk der Breisgau-S-Bahn in Freiburg-Wiehre in Freiburg gestellt, die Durchsagen werden auch aus Freiburg eingespielt. Die markante Stimme von Klaus Melcher, die freundliche Beratung und Unterstützung Melchers und seiner Kollegen im Stellwerk werden vielen Gottenheimern und auch auswärtigen Bahnreisenden fehlen.
Gut gelaunt, aber auch ein wenig wehmütig, war BM Riesterer, der mit Jürgen Steiner, Baubetriebskoordinator für Nebenstrecken bei der Deutschen Bahn, am
Donnerstagabend mit dem letzten Zug aus Freiburg kam. Tut, tuut
, so das Signal, das den Zug ankündigte und auch bei der Abfahrt nach Breisach ertönte. Heute gehen 130 Jahre
Stellwerk und Bahnhof in Gottenheim in die Geschichte ein
, sagte der Bürgermeister bei seiner Ankunft in Gottenheim. Auf dem Bahnsteig Gleis 1
hatten sich Familie und
Freunde sowie weitere Gäste versammelt, um bei Glühwein und Schorle den Bahnhof, das Stellwerk und Klaus Melcher in den Ruhestand zu verabschieden. Auch der Männergesangverein,
in dem Melcher als Sänger aktiv ist, ließ es sich nicht nehmen, den Klaus mit einem Ständchen in den Ruhestand zu schicken. Melcher hatte zur Feier des letzten Arbeitstages
seine schmucke Uniform aus früheren Tagen angelegt, als es in Gottenheim noch einen Schalter gab und Melcher und seine Kollegen Fahrkarten verkauften, Fracht abfertigten und
die Gottenheimer sowie Touristen in allen Fragen rund um das Zugfahren beraten konnten. Im Stellwerk beim Hefezopf berichtete Melcher aus seinem langen Arbeitsleben, von
schönen Erlebnissen und von Freundschaften mit Fahrgästen, die bis heute Bestand haben und bis nach China reichen. Jürgen Steiner hatte als Geschenk für den künftigen
Ruheständler ein historisches Schienenstück mitgebracht, BM Riesterer verabschiedete Klaus Melcher mit herzlichen Worten und einer Flasche Gottenheimer Rotwein aus
dem politischen Weinberg in den Ruhestand.
Im Jahr 1868 verabschiedete die Badische Regierung ein Gesetz zum Bau einer Eisenbahn zwischen Freiburg und Colmar. Die Antragstellung zum Bau der Eisenbahnstrecke Colmar-Freiburg war am 26.1.1868 erfolgt. Am 7. Januar 1870 fand der Spatenstich statt und im September 1871 konnte der reguläre Zugverkehr zwischen Freiburg und Breisach aufgenommen werden. Ab November 1878 fuhren die Züge auch über den Rhein bis Colmar und 1894 kam die Verbindung zur Kaiserstuhlbahn nach Endingen hinzu. Auf der Bahnlinie Freiburg-Breisach-Colmar war Gottenheim von Anfang an ein wichtiger Knotenpunkt. Klaus Melcher tut seit 1981 Dienst in Gottenheim, zunächst auch am Schalter, später noch als Fahrdienstleiter im Stellwerk.
Noch bis Dezember dieses Jahres soll das ebenfalls mechanische Stellwerk in Breisach in Betrieb bleiben. Hier fahren während der Bauarbeiten auf der Breisacher Bahn noch
Personen- und Güterzüge in Richtung Endingen und Riegel ab. Mit der Inbetriebnahme der elektrifizierten Breisacher Bahn, voraussichtlich am 1. Dezember, beginnt eine neue
Ära in der Geschichte des Zugverkehrs zwischen Freiburg und Breisach und auch in der Geschichte des Gottenheimer Bahnhofs.
Text: Marianne Ambs
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Alle Bilder: Clemens Zeissler
27. Jan 2019: Die alte Eisenbahnstrecke vor der Elektrifizierung (Rebenbummler-Fahrt)
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Alle Bilder: Clemens Zeissler